Während im Deutschen häufig einfach von Beweglichkeit gesprochen wird, wird im Englischen genauer differenziert in Mobility und Flexibility (Mobilität und Flexibilität). Diese Unterscheidung ist wichtig. In diesem Artikel möchte ich dir meine Ansicht erklären, worin sich die beiden Begriffe unterscheiden, Welche Arten es gibt und vor allem Wann du sie am besten in dein Workouts integrierst. Let's dive into this.
Flexibility / Flexibilität
Mein Traum war es damals wie Jean Claude Van Damme in Karate Tiger 1 einen Spagat zwischen den Seilen des Boxrings zu können.
Durch mangelndes anatomisches Verständnis hab ich es damals einfach mit purer Gewalt probiert und zog mir eine eine nette Adduktoren Zerrung zu.
(Als Mann ist das ziemlich mies, weitere Details und Insights erspare ich dir an diesem Punkt).
Stell dir vor du möchtest wie ich auch einen Spagat können. Das Erste was dir in den Sinn kommt, sind wohl unzählige Stunden an statisches und passives Dehnen. Dehnen beschreibt bereits die Aktivität, die wir ausüben müssen, um unsere Flexibilität zu erhöhen. Flexibilität bezeichnet lediglich die Länge deines Muskels. Beim Dehnen machst du im Prinzip nichts anderes als den Muskel immer wieder aufs neue in die Länge zu ziehen. Die Anpassung ist dabei nicht groß, der Prozess und die damit einhergehenden Fortschritte ziehen sich in die Länge und irgendwann vergeht einem die Lust.
Ich persönlich unterteile Dehnen/ Stretching in folgende 4 Unterkategorien:
1.) statische Dauerdehnung
Bei der Dauerdehnung bzw. permanenten Dehnung wird die Dehnposition langsam eingenommen und anschließend 30-90 Sekunden gehalten. Dies kann in Eigenregie oder mit einem Partner (passive Dauerdehnung) , der dir von außen hilft in die gewünschte Endposition zu erreichen, geschehen.
Da hier eine hohe Belastung auf den Muskel ausgeübt wird, empfehle ich dir diese Methode als eine extra Einheit einzubauen. Es kann durchaus sein das wenn du nach deinem Krafttraining den Muskel noch zusätzlich hart dehnst, sich dein Muskelkater um einiges verschlimmert.
Beispiel: Spagat lernen ( 3x die Woche lockeres Stretching nach dem Training und 3 x die Woche intensives Stretching)
2.) Ballistic Stretch
ist auch als Federn bekannt. Durch schwingende Bewegungen nähert man sich nach und nach dem Spannungspunkt. Nach 5-10 pulsierenden Schwingungen ist der Spannungspunkt meistens erreicht und es folgt ein Halten der Position von ca. 60 Sekunden.
Beispiel: Vor dem Tennisspiel mit Armswings den Schwung interpretieren um den Schultergürtel warm zu machen und zu aktiveren.
3.) Prolonged Stretch
Man bringt den zu dehnenden Muskel in die Endposition und übt mit Hilfe eines Partner oder alleine Druck oder Zug von außen, bis man sich langsam dem maximalen Spannungspunkt nähert. Dieser wird dann für ca. 30-90 Sek. gehalten.
Beispiel: Handgelenke / Unterarme Stretchen für Front Squat
4.) Contract Hold Relax/ PNF Methode
Bei der Contract Hold Release auch bekannt als PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation 🤓) Methode wird zuerst der zu dehnende Muskel 5 Sekunden kontrahiert /angespannt. Anschließend wird der Muskel für einige Sekunden entspannt. Danach findet durch einen Partner oder ein Band eine passive Dehnung statt. Diese Dehnung sollte langsam erfolgen und etwa so lange dauern, wie die vorherige Anspannungsphase.
Dr. Kelly Starrett empfiehlt 5 Zyklen mit jeweils 5 Sekunden isometrischer Kontraktion und 10 Sekunden passivem Stretching.
Beispiel: Oberschenkelrückseite. Nach dem Fußballtraining gemeinsam mit dem Partner stretchen.
Wenn du rumgooglest findest du sicherlich noch weiter Methoden Flexibilität zu unterteilen. Ich sehe die oben genannten 4 als meine persönlichen Essentials.
Ein wichtiger Key 🗝 Point bei all den genannten Methoden ist: Deine Atmung!
"If you can't breathe in a position, you don't own the position."
Was schlicht weg heißt wenn du dich in deine Dehnung begibst und am maximalen Spannung nicht ruhig und kontrolliert atmen kannst, bist du wohl zu weit.
Also Start slowly, breathe deeply and enjoy the process.
Flexibiltätstraining nutze ich wenn mein(e) Kunde(n) oder Athlet(en) in bestimmten Positionen Schmerzen, Einschränkungen hat oder ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt (Bsp. Spagat).
Mobility / Mobilität
"is the ability to move or be moved freely and easily" .
Hierbei versteht man die aktive Beweglichkeit in einem oder mehreren Gelenken. Dazu gehört die eingeschränkte Gleitfähigkeit deines Bindegewebes, deiner Faszien (Weichteil-Komponenten des Bindegewebes, die deine Muskeln umhüllt), Verklebungen deiner Faszien, motorische Kontrolle (also was in deinem Kopf bei bestimmten Bewegungen abgeht), deine Gelenke und Gelenkkapseln und auch die Dehnfähigkeit deiner Muskulatur.
Mobilität erfolgt immer aus motorischer Kontrolle heraus, sprich ohne einen äußeren Zug oder Druck der alles einbezieht.
Der Koryphäe des Mobility Training Dr.Kelly Starrett von Mobility WOD beschreibt Mobility so:
“a movement-based integrated full-body approach that addresses all the elements that limit movement and performance including short and tight muscles, soft tissue restriction, joint capsule restriction, motor control problems, joint range of motion dysfunction, and neural dynamic issues. In short, mobilization is a tool to globally address movement and performance problems”
Kurzum: Mobility ist ein umfassender Ansatz, um Probleme in deiner Bewegungsausführung zu beheben und damit deine Performance zu verbessern.
Gehen wir davon aus du hättest genug Flexibilität im Hüftbereich sowie in deinen Sprunggelenken um eine saubere tiefe Kniebeuge auszuführen. Wirst du dadurch automatisch eine saubere tiefe Kniebeuge ausführen können? Eher nicht. Zu einer tiefen Kniebeuge gehört nämlich noch wesentlich mehr als eine hohe Flexibilität. Eine Kniebeuge ist ein Bewegungsmuster und genau das beschreibt Mobility. Wie mobil jemand ist, misst man nämlich anhand seines Bewegungsumfangs (ROM = engl.Rage Of Motion) während einer funktionellen Bewegung. Während wir bei einer Kniebeuge eine gewisse Flexibilität benötigen, ist es bei einem Spagat nicht nötig eine hohe Mobilität zu besitzen, da es weniger eine funktionelle Bewegung ist, sondern eher eine statische Halteposition. Flexibilität ist also auch ein stückweit ein Teil deiner Mobilität. Nun stellt sich nur noch die Frage, wie man denn seine Mobilität trainieren kann.
Auch Mobility Work unterteile ich in 2 Unterkategorien.
1.) Foam rolling / Soft Tissue Work : ist eine Selbstmassagetechnik zum Lösen von verhärteten Punkten, mit der du deine Mobilität kurzzeitig erhöhen kannst. Um solche Punkte langfristig zu enthärten, gilt es die Ursache zu finden und regelmäßig daran zu arbeiten. Die gängigsten Tools sind hierbei Blackroll, Massagestäbe und der Lacrossball. Soft Tissue Work/Foam Rolling kannst du sowohl vor demTraining, um deine Beweglichkeit kurzzeitig zu erhöhen, als auch nach dem Training durchführen, um Spannungen im Muskel zu reduzieren und Muskelkater vorzubeugen.
Foam Roller und Massagestäbe können kurzzeitig positive Auswirkungen auf die Beweglichkeit, die Regeneration und auch die Leistungsfähigkeit haben.
2.) Mobility Drills / Movement Preperation sind eines meiner absoluten Favoriten wenn es um Verbesserun funktionaler Bewegungsmuster, Körperwahrnehmung und der Verbesserung des Bewegungsumfangs (ROM) geht. Movement Prepations (Bewegungsvorbereitung) sind, wie der Name schon sagt, vorbereitende Übungen. Meistens bestehende diese aus relativ simplen Bewegungsabläufen, die auf jeder Seite 3 - 6 mal insgesamt kontrolliert und langsam ausgeführt werden. Sie können als Teil des Warm Ups dienen oder während des Tages für kleine Bewegungspausen genutzt werden. Movement Preps und Mobility Drills sind nicht nur flexibel einsetzbar sondern bringen eine Reihe positiver Auswirkungen auf uns:
1. Training der Stabilität und Beweglichkeit 2. Aktivierung der Muskulatur in der Endstellung (vor allem der stabilisierenden Muskulatur rund um die Gelenke) 3. Erhöhung der Herzfrequenz (kurzfristig) 4. Erhöhung der Körperkerntemperatur (kurzfristig) 5. Erhöhte Durchblutung der Muskulatur 6. Beschleunigter Ablauf nervaler Erregungsprozesse durch den Aufbau von Synapsen und die Optimierung der Signalübertragung 7. Verbesserung der motorischen Kontrolle durch eine verbesserte Muskelansteuerung 8. Gesteigerte Leistungsfähigkeit und reduzierte Verletzungsgefahr durch alle oben genannten Aspekte
Zusammenfassend werden Movement Preps also dafür genutzt, uns auf bestimmte Bewegungsabläufe, Übungsausführungen oder Situationen vorzubereiten.
Mobility ist kein Warm Up-Ersatz!
Dich zu mobilisieren kann Teil deiner Warm-Up Routine sein, aber es kann das Warm-Up niemals ersetzen!
Der Fokus der Mobility-Techniken liegt darauf deinen Bewegungsradius, deine Positionen zu verbessern und dadurch verbesserten Poweroutput und höhere Leistungsfähigkeit zu erzielen.
Der Fokus deines Warm-Up liegt darin deinen Körper und deinen Herz-Kreislauf-System auf intensivere Bewegung vorzubereiten. Ein smartes Warm-Up beinhaltet Mobility Übungen, die dich auf eine bessere Position vorbereiten, ebenso wie Bewegungen, die deinen Kopf und deinen Körper auf das Kommende Workout vorbereiten.
Siehe auch: “Wie du dein NextLevel - Warm-Up erstellst“
Als dein NextLevel Coach lege ich einen starken Fokus auf ein sinnvoll gestaltetes Warm-Up, welches immer beide Anteile beinhalten um dich langanhaltend gesund, fit und schmerzfrei zu halten.
Ich hoffe ich konnte dir das Thema Mobility vs. Flexibilty in diesem Blogeintrag näherbirngen.
In dem Reiter Free Workouts findest du angeleitete Trainings zum mitmachen.
Bei Fragen oder Anregungen hinterlasse mir gern ein Kommentar.
Vielen dank für deine Zeit !
Dein NextLevel Coach
© Nik Djember
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